Wormser Hochschule belebt mit „Sammelbix" den Gründergeist

Zeitungsartikel vom 08.04.2024 (Wormser Zeitung)

Zeitungsartikel zum Ideenwettbewerb des Startup-Centers & DesignLabs der Hochschule Worms

Wormser Hochschule belebt mit „Sammelbix" den Gründergeist

Die Idee für ein Start-up auf einen Bierdeckel notieren - mit diesem unbürokratischen Ansatz begannen in Worms diverse Studenten-Projekte. Eine „Workation"-App ist jetzt in Arbeit.

WORMS. Viele werden sich bestimmt noch daran erinnern: Vor einigen Jahren mahnte Friedrich Merz dringend an, endlich das viel zu kompliziert gewordene Steuersystem zu vereinfachen. Die Steuererklärung müsse so simpel sein, dass sie auch auf einen Bierdeckel passe, forderte der CDU-Politiker damals. An genau diese Aktion erinnerte man sich jetzt wieder an der Wormser Hochschule. Aber in ganz anderem Zusammenhang. ,,Wir wollen bei unseren Studenten den Gründergeist beleben und fördern. Wir möchten sie ermuntern, Ideen für neue Start-up-Firmen zu entwickeln", beschreibt Christian Hösl-Christahl, der das „Design Lab" betreut, die Ausgangslage. Um die Hemmschwelle zu senken, um studentische Höhenflüge anzuregen, ohne großen bürokratischen Aufwand, genau deswegen habe man die bildhafte Idee von Merzjetzt aufgegriffen.

„Sammelbix" füllt sich problemlos

Als erstes bauten er und sein Kollege Marcel Mayer, Leiter der „GründungsWerkstatt", eine Sammelbox und stellten sie vergangenen November und Dezember am Eingang der Mensa auf. In diese kleine, ,,Sammelbix" genannte Holzkiste sollten Studierende, aber auch Dozierende oder Absolventen ihre Geschäfts- und Start-up-ldeen einwerfen, die sie davor in ganz wenigen Stichworten auf den eigens entwickelten Bierdeckeln notiert hatten. Die „GründungsWerkstatt" ist das Start-up-Center und die Ideenschmiede der Hochschule, im Design-Lab können Studierende technisches Equipment wie beispielsweise 3-D-Drucker oder innovative Maschinen nutzen, um benötigte Werkstücke oder Visualisierungen herstellen zu können. ,,Erfreulicherweise haben sich viele beteiligt. Wir haben am Ende 16 Vorschläge ausgewählt und die Interessenten im Januar und Februar zu einem ersten Kontaktgespräch eingeladen", sagt Hösl-Christahl zu der Resonanz der Sammelbix-Aktion.

Einer, dessen Vision mittlerweile schon konkreter geworden ist, ist Stefan Stiller (27). Zusammen mit seinen Kommilitonen Julian Gottfried (21) und Neil Marvin Völker (24), die alle im zweiten Semester des Studiengangs „Angewandte Informatik" eingeschrieben sind, möchte er eine App entwickeln für Menschen, die Beruf und Urlaubsfeeling miteinander verbinden möchten. Also eine Plattform kreieren für Unternehmen und/oder deren Mitarbeiter, die gerne einen sogenannten „Workation"­Aufenthalt im In- oder Ausland realisieren würden. Stiller nennt ein Beispiel. Jemand möchte auf der Trauminsel Bali leben und arbeiten. ,,Dann muss er beispielsweise wissen, ob sein Arbeitsvertrag das überhaupt erlaubt, es auf Bali eine digitale Infrastruktur gibt, die notwendigen technischen Voraussetzungen gegeben sind, wie er ein Büro oder eine Wohnung mit entsprechender Ausstattung finden kann und welche Formalitäten zu erledigen sind", erläutert Stiller einige von vielen Anforderungen, die die noch zu entwickelnde „Workation Management Software" erfüllen muss. Vor drei Monaten haben die drei Informatik-Studenten mit der Entwicklung dieser sehr speziellen App begonnen, davor haben sie sich zwei Monate lang mit Konzeptfragen beschäftigt- alles im Rahmen ihres Masterstudiums. Unterstützt werden sie dabei von den Hochschulmitarbeitern Mayer und Hösl-Christahl.

Zugriff der Hochschule auf Fördermittel als Vorteil

Die anderen, auf den Bierdeckeln notierten Ideen reichten von der Gamifizierung von Reisedienstleistungen, also der Nutzung beziehungsweise Übertragung von spieltypischen und damit besonders motivierenden Elementen, über soziale Start-ups mit einem Fokus auf der Obdachlosenunterstützung bis hin zu digitalen Plattformen für Immobilienvermittlung, Seniorennetzwerke und internationale Arbeitsaufenthalte. Beim Coaching der einzelnen Projekte werden den Teilnehmern dann zusätzliche Optionen aufgezeigt und passende finanzielle sowie fachliche Unterstützungsmöglichkeiten angeboten. ,,Wir haben als Hochschule die Möglichkeit, über das ,Kickstart-Programm' Fördermittel des Bundes bis zu 7500 Euro zu beantragen", erläutert Hösl-Christahl. Über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten können damit erste innovative Forschungsideen in derVor-Gründungsphase erprobt werden. ,,Danach sind weitere Fördergelder möglich", betont der Leiter des Design Labs. „Das war jetzt ein erster Anfang, der aber schon gut angekommen ist. So viele Ideen bekommen wir sonst nicht", werben Hösl-Christahl und Mayer dafür, bei der nächsten, bereits fest geplanten Wiederholung des Bierdeckel-Ideenwettbewerbs mitzumachen - zur weiteren Belebung des Gründergeistes.


8. April 2024 / Roland Keth
Wormser Zeitung

Christian Hösl-Christahl (v.l.) mit Julian Gottfried, Stefan Stiller und Neil Völker im DesignLab der Wormser Hochschule. Die Studenten schrieben ihre Start-up-Idee auf einen der speziellen „Bierdeckel“.
© Ben Pakalski/pakalski-press